Fernwärme kommt über die Thur
Eine Drahtseilhängebrücke macht es möglich, Jonschwil soll mit Fernwärme versorgt werden – Baueingabe ist erfolgt.
Der Thurverlauf im unteren Toggenburg zwischen Bazenheid und Jonschwil. Im Hintergrund (Mitte) die geplante Drahtseilhängebrücke.
Beat Lanzendorfer, Redaktor TT/TN (Toggenburger Tagblatt)
Jetzt kommt Bewegung in das Fernwärmeprojekt Jonschwil. Vergangene Woche hat das Regionalwerk Toggenburg (RWT) das dafür erforderliche Baugesuch bei den Gemeinden Kirchberg und Jonschwil eingereicht. Verläuft alles nach Plan, wird der Baubeginn im Frühjahr 2025 vollzogen. Die Gemeinde Jonschwil soll dann erstmals im Herbst 2026 mit Fernwärme versorgt werden. Die Kosten werden mit 7,8 Millionen Franken beziffert. Das Ungewöhnliche am Fernwärmeast von Bazenheid nach Jonschwil: Es wird eine Brücke über die Thur benötigt.
Erste Überlegungen im Jahr 2020
Erste Überlegungen, ob die Gemeinde Jonschwil ab Energiepark Bazenheid (früher Zweckverband Abfallverwertung Bazenheid ZAB) mit Fernwärme versorgt werden soll, gehen auf das Jahr 2020 zurück. Damals erhob die Energieagentur St.Gallen im Auftrag der Gemeinde Jonschwil den Wärmebedarf und die Heizarten der Gebäude im Dorf Jonschwil. Der damalige Jonschwiler Gemeindepräsident Stefan Frei sagte nach der Auswertung: «Es zeigt sich, dass die Bildung eines Wärmeverbundes eine Möglichkeit wäre, um vor allem Industriebauten, aber auch weitere grössere Gebäude im Dorf Jonschwil mit CO2-freier Wärme zu versorgen.» Diesem Ziel ist man nun ein Stück nähergekommen.
Dazu sagt Philipp Egger, er ist seit Juli 2023 Gemeindepräsident von Jonschwil: «Für die Gemeinde ist die Fernwärme sehr wichtig, weil sie Jonschwil mit nachhaltiger Energie versorgt. Wir freuen uns sehr, dass das Projekt nun einen wichtigen Schritt weiter ist und das Baugesuch eingereicht werden konnte.»
Philipp Egger, Jonschwiler
Gemeindepräsident. Bild: zvg
Als grösstes Hindernis erwies sich beim Vorhaben die Überwindung der Thur, die zwischen den Dörfern Jonschwil und Bazenheid ein Gebiet
durchfliesst, das innerhalb der «Thurlandschaft zwischen Lichtensteig und Schwarzenbach» liegt, welche im Bundesinventar der Landschaften und Naturdenkmäler von nationaler Bedeutung (BLN) eingetragen ist. Deshalb war eine Begutachtung durch die eidgenössische Natur- und Heimatschutzkommission (ENHK) notwendig, deren Bericht vergangene Woche eingetroffen ist. Die ENHK beurteilt die Beeinträchtigung der Landschaft durch die neue Brücke als leicht und erteilt dem Vorhaben deshalb grünes Licht. Ursprünglich war man von einer hölzernen Hängebrücke ausgegangen. Von dieser Variante ist man allerdings abgekommen. «Nach intensiver Variantenprüfung haben wir uns für eine unscheinbare Drahtseilhängebrücke entschieden. Der Eingriff in die Landschaft, in das Gelände und in den Gewässerraum sind dadurch am geringsten», sagt Richard Scheerer, Geschäftsleiter der RWT. Die Brücke weist eine Länge von 55 Metern auf.
Richard Scheerer, Geschäftsleiter
RWT. Bild: Beat Lanzendorfer
Trinkwassernetz und Wanderweg
Nebst der Fernwärmeverbindung sollen über die Brücke auch die Trinkwassernetze der Gruppenwasserversorgung Vogelsberg und der Gruppenwasserversorgung KiBaLü (Kirchberg, Bazenheid, Lütisburg) verbunden werden. Dazu sagt Richard Scheerer: «Der Grundgedanke ist, in einem ersten Schritt das ganze Toggenburg hydraulisch zu verbinden. In einem zweiten Schritt sollen dann die Regionen Toggenburg und Fürstenland miteinander verbunden werden, um sich gegenseitig bei Mangellagen aushelfen zu können. » Darüber hinaus planen die Gemeinden Jonschwil und Kirchberg, die beiden Wanderwegnetze mit einem Fussweg über die neue Brücke zusammenzuführen. «Das freut uns natürlich speziell, dass die vorgesehene Brücke die Wanderwegverbindung zwischen Jonschwil und Schwarzenbach sowie Bazenheid ermöglicht», sagt Philipp Egger.
Verträge sind bereits unterzeichnet
Das Fernwärmenetz nach Jonschwil wird rund 5500 Meter lang. Bis anhin konnten Verträge mit rund fünfzig Abnehmern unterzeichnet werden. Bei diesen handelt es sich um Grosskunden (Wohnbauten), öffentliche Bauten, Industrieund Gewerbebauten sowie vereinzelte kleinere Wohnbauten entlang der Leitung. Auf die Erschliessung reiner Einfamilienhausquartiere wird verzichtet, weil sie durch die Effizienzverluste für Fernwärme ungeeignet sind. Nach Abschluss der ersten Bauphase sind vereinzelte Erweiterungen gemäss Auskunft der RWT auch später nach einer technischen Prüfung durchaus noch möglich. Die RWT geht davon aus, dass der jährliche Verbrauch in Jonschwil ungefähr fünf Megawattstunden sein wird. Zum Vergleich: Der Wärmebedarf der Dörfer Bazenheid und Kirchberg beträgt pro Jahr zusammen rund 17 Megawattstunden. Nach dem Versand der Bauanzeigen wird das Baugesuch ab dem 28. November in den Gemeinden Jonschwil und Kirchberg aufgelegt. Die RWT hofft, die notwendigen Bewilligungen zügig zu erhalten, damit ein Baustart im ersten Halbjahr 2025 möglich wird.